Osterburken. Kurzweilig, unterhaltsam, erfrischend, witzig, interessant – die Lesung von Dr. Peter Tauber, ehemaliger Spitzenpolitiker, aus seinem neuen Buch „Mutmacher“ hatte alles, um das Publikum im voll besetzten Marc-Aurel-Saal des Römermuseums zu fesseln, zu inspirieren und – was richtig guttat – zuversichtlich gestimmt in den Abend zu entlassen.
Der Volksbank Kirnau sowie Martha Stauch, Inhaberin der Buchhandlung Bücherglück in Buchens Ortsteil Rinschheim gelang es, in Zusammenarbeit mit Verlagsvertreter Matthias Kuhlemann der Verlagsgruppe Droemer Knaur, diesen Hochkaräter ins Bauland zu holen. Mutig, denn die Volksbank habe noch nie eine Autorenlesung angeboten, so Bankvorstand Dieter Ehmann in seinen einleitenden Worten.
Mut, der belohnt wurde. Denn die Lesung des Historikers, Reserveoffiziers, Christen, aber auch ehemaligen Bundestagsabgeordneten, Generalsekretärs der CDU und Staatssekretärs im Bundesverteidigungsministerium zog die Zuhörer in Bann.
Nach einem Rückblick auf seine Vita, seine schwere Erkrankung, den Ausstieg aus der Politik, sein erstes Buch, war Tauber an einem Punkt angelangt, an dem er nach vorne blickte. Deutlich erkannte er, wie ihm die vielen Mutmacher, so bezeichnet er Ärzte, Pfleger, Familienmitglieder, Kollegen oder Freunde beim Überwinden seiner Erkrankung halfen.
Sie machten ihm, also anderen Mut, was die logische Konsequenz nach sich ziehe: „Mut kann man teilen.“ Überhaupt vermisse er in den Medien Geschichten über begeisternde Menschen, die unserem Land guttun. „Mehr Mut, statt Wut.“ Aktuell habe er eher den Eindruck, die Medien vermittelten das Bild, dass alles den Bach runter gehe. Daher berichte er in seinem Buch über zwölf Menschen aus seinem eigenen Umfeld, die für andere oder sich selbst mutig auftraten, etwas erreicht hätten, auch wenn sie sich selbst nicht so sähen.
Man spürt wie viel Respekt und Hochachtung Tauber ihnen und ihrem mutigen Weg entgegenbringt, denn nach dem kurzen Einstieg, ganz nach dem Duktus einer Lesung – der Autor liest ein paar einleitende Worte aus seinem Buch im Sessel sitzend – hielt es ihn dort nicht länger. Stehend, gestikulierend, locker mit weißen Sneakers und Pulli, menschenzugewandt, berichtete Tauber immer in Bewegung von den bewegenden Geschichten seiner „Vorbilder“: Sein Freund Christof Lübke, Sohn des von einem Neo-Nazi ermordeten Regierungspräsidenten Walter Lübcke, trage den Mut seines Vaters weiter. Er engagiere sich kommunalpolitisch, wolle vor dem Mörder seines Vaters sowie dessen Sympathisanten nicht zurückweichen. Das Gerechtigkeitsgefühl seines Vaters ermutige ihn, sich für dieses Land einzusetzen.
Oder Frank Dieter, der mit seinem angenehmen Wesen Garant für gute Stimmung sei, wobei seine Arbeitsstelle bei der Deutschen Bahn schon Grund für schlechte Laune sei, so Tauber schmunzelnd. Als Marathonläufer, ein Hobby, das beide schon zusammen gepflegt haben, sammle er für jeden gelaufenen Kilometer Geld für ein Kinderhospiz und berühre damit Menschen in seinem Umfeld, die nun ebenfalls spendeten.
Beeindruckend auch die Geschichte des „Gastarbeiterkindes“ Aylin Selcuk, die sich etwas „zumutete“, erfolgreich ihre eigene Zahnarztpraxis in Berlin eröffnete, damit glaubwürdig verkörpere, dass man mit Leistung, vieles erreichen könne und mittels ihres Vereins Jugendlichen dies vermittle.
Auch Taubers Schwester Steffi fand auf Grund ihres Umgangs mit ihrer Multiplen Sklerose Einzug ins Buch ebenso wie Dennis, der seine schwere Depression öffentlich machte. Beide geben Erkrankten eine Stimme und machten Mut, wie aus den Rückmeldungen zu erkennen sei.
Ganz anders und dennoch besonders: Danny aus Taubers Heimatort. Er schneidet Kindern kostenlos die Haare, wenn sie ihm aus seinem Bücherkoffer eine Geschichte vorlesen. Zaghaft beginnend, dann mit immer festerer Stimme und selbstbewusster lesen die Kinder, oft aus sozialen Brennpunkten stammend. Er ermutige sie und leiste er einen wertvollen Beitrag zur Leseförderung.
Sehr berührende Geschichte
Als sehr berührend für Tauber sowie die Zuhörer gleichermaßen erwies sich die Geschichte der jungen Soldatin Michelle, die in Mali schwer verletzt wurde, sich in den Alltag und, kaum vorstellbar, in den Auslandseinsatz zurückkämpfte.
Dann gibt es Jules August, den „feinen Herrn im besten Sinne mit dezidierter Ausdrucksweise“, der nach 50 Jahren kommunalpolitischen Engagements Sprachkurse für Geflüchtete organisiere, nicht zuletzt motiviert durch sein eigenes Schicksal.
Diese willkürliche Auswahl, von Tauber durch persönliche Begegnungen mit den Vorgestellten und Anekdoten lebhaft und nachvollziehbar erzählt, machte neugierig auf die weiteren im Buch genannten „Vorbilder“, fesselte die Gäste, intensivierte diese Veranstaltung und brachte die Personen näher. Tauber stellte sie erlebbar vor, so dass man mit Fug und Recht von einem Erlebnisabend sprechen kann.
„Man hätte eine Stecknadel fallen hören“, so Ehmann beeindruckt von den mutmachenden Geschichten. Tauber wünsche sich, den Mutigen mehr Raum zu geben, nicht den Wütenden und Meckernden, die aktuell viel Aufmerksamkeit bekämen, denn den Mutigen gehört die Welt und Mut sei eine erneuerbare Energie, die zuversichtlich in die Zukunft schauen lasse.
FN: Elisabeth Englert Autor