Ausstellung „Fraternité/Brüderlichkeit“ öffnete ihre Pforten

Die Ausstellungseröffnung des deutsch-französischen Kunstprojekts „Fraternité/Brüderlichkeit“ fand am Freitag, 5. April, um 12.30 Uhr in den Räumen der Volksbank Kirnau in Osterburken statt.

Ab Freitag ist die Ausstellung „Fraternité/Brüderlichkeit“ in den Räumen der Volksbank Kirnau in Osterburken zu bestaunen.

Unter den Künstlern sind auch Schüler des GTO.

Das Projekt wurde von der Volksbank, dem Ganztagsgymnasium Osterburken und dem Projektträger, dem Verbund der Gedenkstätten im ehemaligen KZ-Komplex Natzweiler (VGKN) durchgeführt. Die Volksbank Kirnau ist ein Bildungspartner des GTO und stellt für die Ausstellung ihre Räume zur Verfügung.

Ausgestellt sind Gemälde des Dessauer Künstlers Harald Gruber und seines französischen Kollegen Bernhard Latuner aus Mulhouse. Zusätzlich sind Kunstwerke von 19 Schülern des GTO zu sehen.

2018 erhielten 15 KZ-Gedenkstätten im Bereich des ehemaligen Lagers Natzweiler das Europäische Kulturerbe-Siegel. Dies war der Anlass für dieses Kunstprojekt. Unter der Anleitung des Künstlers Harald Gruber und des GTO-Kunstlehrers Thomas Breuer gestalteten Schüler der ehemaligen 10 d des GTO in Kooperation mit dem VGKN inhaltlich ernste Werke. Auf Leinwänden schufen sie schlichte, charakterstarke Bilder, die auf eindrucksvolle und einzigartige Weise die Verbrechen der Nationalsozialisten reflektieren.

An dem Projekt waren ursprünglich drei Schulen aus der Region Grand Est in Frankreich und weitere zehn Schulen aus Baden-Württemberg beteiligt. Das Projektkonzept „Fraternité/Brüderlichkeit“ sah die Schaffung von 16 Kunstwerken durch 16 Tandems deutscher und französischer Künstler vor.

Davon wurden sechs Werke im Haus der Wirtschaft in Stuttgart ausgestellt. Die weiteren zehn Werke standen im Freien auf dem KZ-Gelände Struthof. Ab dem 9. September wanderte je ein Riesenwerk in die Gedenkstätten in Deutschland und Frankreich.

„Was bleibt?“

Die Initiatoren entschieden sich bewusst dafür, für die Schaffung der Werke eine Zusammenarbeit zwischen Künstlern und Schülern beider Länder zu ermöglichen. Neben der Betonung des Netzwerkcharakters des KZ-Systems über die Ländergrenzen hinweg wurde damit an das zunehmend dichter werdende Netzwerk der deutsch-französischen Beziehungen nach 1945 erinnert.

Da Brüderlichkeit für junge Leute ein zu abstraktes Thema ist, lautete für sie das Motto: „Was bleibt?/Que reste-t-il? – Ein Kunstprojekt zur Erinnerung/Art et mémoire“. Im Zentrum stehen die Überreste der Lager- und Industrieanlagen, aber auch die geistigen Inhalte des Gedenkens. Ferner sollen die politischen Lehren und Konsequenzen, die die Gesellschaften beidseits des Rheins daraus gezogen haben, reflektiert und bildlich konkretisiert werden.

Das Projekt wird vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, dem Landesamt für Denkmalpflege, der Baden-Württemberg-Stiftung, dem Centre Européen du Résistant Déporté, sowie der Région Grand Est unterstützt. Hinzu kommen noch Interreg- und Eurodistrict-Mittel.

© Fränkische Nachrichten, Mittwoch, 03.04.2019

Kunstwerke arbeiten Gräueltaten in der Region auf

Nachbericht der Fränkischen Nachrichten vom 24.04.2019

Eine außergewöhnliche und beeindruckende Schülerausstellung von 17 verschiedenen Kunstwerken mit dem Titel „Was bleibt?“ wurde in einer Feierstunde im Beisein zahlreicher Gäste in der Schalterhalle der Volksbank Kirnau in Osterburken eröffnet. Unter der Anleitung von Künstlern und Lehrern gestalteten die Schüler der damaligen Klasse 10 d des GTO in Kooperation mit dem Verbund der Gedenkstätten im ehemaligen NZ-Komplex Natzweiler inhaltlich ernste, schlichte und doch charakterstarke Bilder, die eindrucksvoll die Verbrechen der Nationalsozialisten reflektieren.

Siegel für 15 Gedenkstätten

Bankvorstand Dieter Ehmann begrüßte neben den 17 Künstlern, deren Eltern, Landrat Dr. Achim Brötel, den Bürgermeistern und Vertretern der Städte und Gemeinden des Marktbereiches der Volksbank, der GTO-Schulleiterin Regina Krudewig-Bartel und Dorothee Roos auch Harald Gruber, der extra aus Dessau nach Osterburken anreiste. Wie Ehmann in seiner Ansprache sagte, erhielten im vergangenen Jahr 15 KZ-Gedenkstätten im Bereich des ehemaligen Lagers Natzweiler das Europäische Kulturerbe-Siegel. Aus diesem Anlass wurde die Kunstaktion „Fraternité/Brüderlichkeit“ ins Werk gesetzt. Auf den dargestellten Kunstwerken könne man nur im entferntesten Erahnen und Fühlen, welchen Gräueltaten, Not und Elend die Gefangenen der damaligen Zeit ausgesetzt waren. Wie Ehmann weiter sagte, bestand ein Teil des Kunstprojektes darin, dass 32 französische und deutsche Künstler in gemischten Duos 16 Gemälde zu diesem Thema geschaffen haben, die nun als Wanderausstellung zu sehen ist. Das Künstlerduo Harald Gruber und Bernard Latuner hatte die Schüler begleitet.

Langjährige Erinnerungsarbeit

Landrat Brötel bezeichnete die Ausstellung als außergewöhnlich. Das zugrundeliegende pädagogische Projekt „Was bleibt?“ sei in hohem Maße bemerkenswert. Dass die insgesamt 15 Gedenkstätten, die für zahlreiche Lager des ehemaligen KZ-Komplexes Natzweiler diesseits und jenseits des Rheins stehen, ihr gemeinsames Kunstprojekt mit französischen und deutschen Künstlern „Fraternité/Brüderlichkeit“ nannten, sei deshalb mehr als ein Symbol, sagte der Landrat. Und dass Harald Gruber und Bernard Latuner diese Idee künstlerisch umsetzten, sei mehr als eine glückliche Fügung. Beide hätten ihre Intentionen nämlich zugleich auch in ein pädagogisches Projekt mit Schülern des GTO eingebracht: die Schule, die schon seit 20 Jahren jeweils mit den neunten Klassen im Rahmen von Projekttagen aktive Erinnerungsarbeit in Sachen Natzweiler-Struthof-Komplex betreibe.

Osterburkens Bürgermeister Jürgen Galm meinte, dass dieses Kunstprojekt einen bedeutenden Hintergrund habe der leider ein dunkler Teil der deutschen Geschichte sei. In den Geschichtsbüchern erscheine auch Osterburken als „Befreiungs-ort“, denn zu Beginn der Karwoche sei die Römerstadt zu einem Kriegsschauplatz gewesen. Die Kämpfe, und vor allem die ständigen Fliegerangriffe, hätten dazu geführt, dass ein Zug mit 600 kranken Häftlingen von Neckargerach kommend Osterburken erreichte. Nachdem er unter Beschuss nicht in den Bahnhof einfahren konnte, setzte er Richtung Adelsheim zurück. Die SS-Leute verließen fluchtartig den Zug und ließen die kranken Häftlinge zurück. Am 4. April entschieden schließlich amerikanische Verbände die Kämpfe und 800 befreite Häftlinge strömten in die Stadt und wurden in den Schulen und Gasthäusern untergebracht und dort versorgt.

Eine große Aktion des Bürgermeisters und des Pfarrers, meinte Galm. So etwas wie damals in Osterburken dürfe niemals wieder geschehen. Die gezeigten Bilder der Schüler seien beeindruckend und man müsse den Hut vor den Künstlern ziehen, die sich mit diesem Thema beschäftigt und es künstlerisch so großartig bearbeitet hätten. Immer wieder müsse man sich mit diesem Thema befassen. Das sei wichtiger denn je.

Die Schulleiterin des GTO, Regina Krudewig-Bartel. betonte, dass es seit 20 Jahren am Gymnasium das Projekt „Struthof“ gibt, welches die Schüler gegen Ende des Schuljahres mit dem Verbrechen des NS-Regimes im KZ-Struthof Natzweiler und dessen Außenlager Neckarelz konfrontiere. Das Projekt erstrecke sich über drei Tage, an denen sich die Schüler mit ihren Lehrern mit den damaligen Ereignissen auseinandersetzen.

Durch Besuche der Gedenkstätten ergaben sich schnell Impulse für diese jetzt zu sehenden Arbeiten. Beim Besuch von Harald Grubers im März am GTO wurde das Projekt fortgesetzt. Sie sei stolz über die Werke der Schüler und wie das Grauen in den Bildern verarbeitet worden sei. „Eine beachtliche Leistung“, so die Schulleiterin. Arlette Hasselbach, ehrenamtliche Vorsitzende der KZ-Gedenkstätte „Tunnel von Urbés“, überbrachte ein Grußwort von Bernard Latuner, der nicht anwesend sein konnte.

Das Schlusswort der Ausstellungseröffnung blieb Dorothee Roos vorbehalten. Sie bedankte sich bei allen, welche diese Ausstellung möglich machten, Schülern und dem GTO mit ihren engagierten Lehrern. Die jungen Künstler stellten dann ganz individuell den Gästen ihre Kunstwerke vor. F

© Fränkische Nachrichten, Mittwoch, 24.04.2019

 

Zur Eröffnung der Ausstellung kamen vielen Ehrengäste. Die Schüler des GTO hatten durch den Besuch mehrerer Gedenkstätten Impulse für ihre Arbeiten gesammelt. © Helmut Frodl